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Haushaltsrede der UWG-Fraktion im Rat der Stadt Grevenbroich

|   Presse

Rede des Fraktionsvorsitzenden Carl Windler am 12.12.2019

Haushaltsrede der UWG-Fraktion im Rat der Stadt Grevenbroich
hier: Rede des Fraktionsvorsitzenden Carl Windler am 12.12.2019


Sehr geehrte Damen und Herren,

Michael Ende, der im November dieses Jahres 90 Jahre alt geworden wäre, hat bereits gesagt:

„Auf einem Dampfer, der in die falsche Richtung fährt, kann man nicht sehr weit in die richtige Richtung gehen.“

Der Bürgermeister als Kapitän dieses Dampfers fährt in die falsche Richtung und ich will Ihnen auch erzählen, warum das so ist.
Die finanzielle Situation unserer Stadt verschlechtert sich, das Eigenkapital, also das Sparbuch der Stadt, verringert sich weiter. Genaue Zahlen können derzeit nicht genannt werden. Das hat momentan etwas von Wahrsagen oder Voraussagen der Lottozahlen. Die NGZ von gestern hatte aktuellere Zahlen als wir Politiker.
Die mangelhafte Transparenz einzelner Stellen im Haushalt ist immer noch, wie in den Vorjahren gegeben. Dies wird jedoch neuerdings ergänzt durch fehlerhaftes Abschreiben einzelner Produktkonten.
So werden z. B. die Zahlen eines Produktkontos einfach blind in das Produktkonto „Förderung der Geschlechtergerechtigkeit“ übertragen und es entstehen dort plötzlich Personalaufwendungen von rund einer Viertelmillion Euro. (Quelle: S.149/157 im Haushaltsentwurf 2020).
Wenn dies dann während der Haushaltsberatungen der Fraktionen (nicht nur unserer) auffällt und bemängelt wird, so wird dies schnell als bedauerlicher Übertragungs- oder Softwarefehler runtergespielt.
Das Schlimme ist jedoch, dass trotz solch gravierender Formfehler und Zahlendreher der Sanierungsplan immer noch ein Plus ausweist und der Haushaltsausgleich 2024 dargestellt werden kann.
Dies lässt für uns den Schluss zu, dass die Summe der Einnahmen und der Ausgaben möglicherweise nicht dem tatsächlichen Gesamtergebnis entspricht.
Wir halten darüber hinaus diesen Haushalt für absolut nicht stressresistent und perspektivlos.
Die Kämmerin hatte in Ihrer Rede im Oktober auch ähnliche Worte benutzt (…es dürfe nichts Außergewöhnliches passieren).
Hier nenne ich Ihnen drei Beispiele:
•    Die geplante dritte Gesamtschule kündigt sich ab 2021 an; hier wird sich manch einer wundern, welche hohen zweistelligen Millionenbeträge nach entsprechender Kostenschätzungen auf die Stadt zukommen – bisher in das Zahlenwerk aus unserer Sicht nicht adäquat eingepreist…
•    Zum zweiten der Strukturwandel im rheinischen Revier: bundespolitisch initiiert, länderpolitisch in vielen tränenreichen Reden erwähnt, aber das Portemonnaie werden im Wesentlichen unsere Kommunen öffnen müssen, um auch nur ansatzweise die Ausfälle vor Ort kompensieren zu können.
•    Zum dritten lässt sich dieser Tage immer öfter das Gerücht vernehmen, dass die neu geplante und im Bau befindliche Feuerwache bereits heute zu klein sei für die zukünftige Aufgabenbewältigung.
Hier erwarten wir zeitnah eine Stellungnahme oder einen Lagebericht der Verwaltung.

Insgesamt fehlt uns die Perspektive im Haushalt, es wird vielmehr der status quo verwaltet. Der Bürgermeister erwähnt stets, in welchen Gesprächskreisen und Sphären er sich zu diesem Thema befinde, aber mal den katastrophalen ÖPNV vor Ort als Chefsache anzupacken, fällt Ihm nicht ein.
Da ist nicht nur der Schulbusverkehr, sondern auch ein antiquiertes und teures Stadtbussystem, das nicht ausreichend auf das Regionalbahnnetz abgestimmt ist.
Es reicht nicht, rund € 100.000,00 in eine bessere Taktung zu investieren, es muss auch grundsätzlich überlegt werden, ob die Busrouten, die wahrscheinlich vor 70 Jahren durch die Firma Schilden einmal festgelegt wurden, angesichts vieler Neubaugebiete noch effizient zu befahren sind.
Wir werden auch alle in 20 Jahren nicht mehr mit dem benzin- oder dieselgetriebenen Pkw in die Innenstadt fahren, davon sind wir fest überzeugt.
Hier müssen Konzepte für ein neues, städtisches ÖPNV- und Radwegesystem diskutiert und entschieden werden.
All das, und übrigens auch schnelles Internet, sind Standortfaktoren, die für die Menschen vor Ort wichtig sind und wo Verbesserungen, die die Stadt zumindest zum Teil in der Hand hat, auf sich warten lassen.
Wirtschaftsförderung ist das Stichwort – Wir unterstützen bei diesem Thema ausdrücklich den FDP-Antrag nach halbjährlichem Rechenschaftsbericht der Wirtschaftsförderung an die Politik.

Der Bürgermeister, mahnt stets öffentlichkeitswirksam an, dass jetzt seitens der Politik unpopuläre Entscheidungen zu treffen seien, die den Bürgern dennoch vermittelt werden müssten.
Eine Prüfung von Leuchtturm- oder Prestigeobjekten müsse stattfinden, die mit ihren Kosten in jedem Haushalt dauerhaft zu Buche schlügen.
Warum dann in seinen Stadtteilgesprächen die neue „Erfthalle in Frimmersdorf“ in Aussicht gestellt wird, die mit Hilfe des RWE durch Sanierung eines maroden Sportplatzgebäudes zum Versammlungsraum für die Bürger und Vereine ausgebaut werden soll, verschließt sich uns. Dies ist aus unserer Sicht ein verfrühtes und genauso perfides Wahlgeschenk.
Der Bürgermeister soll sich dabei nicht täuschen lassen und die Menschen vor Ort nicht unterschätzen. Nach unserem Kenntnisstand laufen dort bereits ganz andere Planungen, die eine solidere und finanziell darstellbare Grundlage haben als diese Versprechungen.
Übrigens sind entgegen der ursprünglichen Absprache zum Beschluss über das neue Schlossbad vor einigen Jahren die Schwimmbäder in Neukirchen, Wevelinghoven und Frimmersdorf weiterhin geöffnet und werden sogar renoviert. Das sieht nicht nach „Gürtel enger schnallen“ aus!
 
Stadtbetriebe Grevenbroich AöR
Die UWG-Fraktion steht grundsätzlich hinter dem Gesellschaftsmodell der neuen Stadtbetriebe.
Allerdings ist es laut Haushaltsentwurf derzeit so, dass „die der SBG entstehenden Aufwendungen aus ihren Tätigkeiten, die nicht durch eigene Erträge gedeckt werden können, durch die Stadt Grevenbroich in Form einer Verlustabdeckung zu erstatten sind.“
Auf deutsch: – die Stadtbetriebe in Noithausen bestellen die Musik, die die Stadt Grevenbroich auf jeden Fall zu bezahlen hat.
Hier sehen wir die Gefahr, dass sich die haushalterische Belastung unkontrolliert verstärkt, in dem weiterhin an zwei nebenamtlichen Geschäftsführern als Führungsspitze festgehalten wird. Und dies bei einem Betrieb, für den mittlerweile über 200 Personen tätig sind.
Wir sind der Meinung, dass man auf einen hauptamtlichen Geschäftsführer, den Chef, der acht Stunden am Tag vor Ort ist, bei dieser Vielzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umstellen und die Kosten bis dahin deckeln sollte. Ein entsprechender Antrag unsererseits hatte bisher leider keine Mehrheit.
Insgesamt wird man diesen Haushalt nur in den Griff bekommen, indem man weitere, pauschale Deckelungen in vielen Produktbereichen vornimmt.
Im Bereich Kinder-, Jugend- und Familienhilfe werden Aufwendungen in Höhe von € 34,9 Mio. veranschlagt. Auch hier werden wir uns herantrauen und einzelne Vorgänge hinterfragen müssen.
Wir können derzeit nicht beurteilen, ob durch die Einkäufe von Drittleistungen alle Aufgaben effizient abgewickelt werden oder ob vielleicht sogar Doppelangebote vorliegen. Deshalb ist das eingeleitete Controlling in diesem Bereich ein erster, richtiger Schritt. Bedauerlich hingegen ist, dass unserer vorgeschlagenen  Kostendeckelung im Hauptausschuss nicht gefolgt wurde.  
Die Kämmerin darf zitiert werden mit Ihrer Mahnung: „der Druck auf uns alle, den Personal- und Sachausgaben Grenzen zu setzen, lässt nicht nach.“
Wo finden wir das in diesem Haushalt?
Es wird seitens des Verwaltungsvorstands immer bedauernd vorgetragen, dass viele Mitarbeiter bei der Stadt aufgehört und sich wegbeworben haben oder in den wohlverdienten Ruhestand eingetreten sind. Das ist einerseits wirklich bedauerlich, nur andererseits hat dies nicht sinkende Personalaufwendungen zur Folge.
Laut Haushaltsentwurf, so die Zahlen denn noch nicht überholt sind, ergibt sich eine Steigerung um 4 % oder knapp € 1,3 Mio. Dahinter steckt folgende Vorgehensweise:
Wenn ein Mitarbeiter die Verwaltung verlässt, wird dessen Stelle nicht konsequenterweise aus dem genehmigten Stellenplan gestrichen, sondern weiter als Aufwand geführt. Ob überhaupt, wann oder mit wem die vakante Stelle in Zukunft besetzt wird, ist nicht Gegenstand dieses Vorgangs.
Deshalb ist die Anordnung des Landrats bei der Haushaltsgenehmigung (sinngemäß) „ich bin vor jeder Neueinstellung um Erlaubnis zu fragen“ ein absolut zahnloser Tiger – denn es wird ja nach Stellenplan keine Neueinstellung vorgenommen. Das ist aus unserer Sicht ein falsches System, bei dem nicht auf Effizienz und Produktivität geprüft wird.
Deshalb werden Sie in Kürze mit einem Antrag unsererseits rechnen müssen, der zum Ziel hat, diese Vorgehensweise abzustellen. Wir werben schon hier und heute für die entsprechenden Mehrheiten, ansonsten bekommen wir die Aufwendungen nicht in den Griff.

Grundsteuer B und Einzelhandelskonzept:
Mit 500%-Punkten ist die Grundsteuer B weiterhin zu hoch in Grevenbroich. Eine weitere Erhöhung ist bereits im Sanierungsplan vorgesehen. Das lehnen wir vollumfänglich ab.
Dies gilt im Übrigen auch für die Gewerbesteuer. Hier haben andere Kommunen in NRW gezeigt, wie es geht. Nehmen wir uns ein Beispiel daran und folgen auch im Übrigen den Empfehlungen der IHK.
Die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe muss für uns alle im Fokus stehen, hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf. Wir brauchen mehr verlässliche Gewerbesteuerzahler und keine pauschalen Erhöhungen.
Die derzeitige Art und Weise der Handhabung des Einzelhandelsstandortkonzepts lehnen wir weiterhin ab, da sie aus unserer Sicht die wirtschaftliche Entwicklung in unserer Stadt hemmt. Jüngstes Beispiel ist der Leerstand des ehemaligen Poco-Standorts „Am Hammerwerk“ – auf diese Gefahr haben wir bereits vor Jahren hingewiesen – jetzt haben wir das „Schwarze Loch“ mit zertrümmerten Scheiben. – Wo ist die Wirtschaftsförderung?
Unser Dank richtet sich wie bereits in den letzten Jahren an die Bürgerschaft von Grevenbroich für die Übernahme von Ehrenämtern im schulischen und sportlichen Bereich, sowie in den Vereinen in den Ortschaften.
Die Trendwende zum weiterhin massiven Eigenkapitalverbrauch zur Schuldendeckung, vermag die UWG-Fraktion in diesem Haushaltsentwurf wiederum nicht zu erkennen.
Dieser Haushalt ist nicht nur ein Zahlenwerk, sondern auch Ausdruck einer Einstellung und Gesinnung im Wesentlichen der Verwaltung und des Bürgermeisters.
Wir lehnen die heutige Beschlussempfehlung zum TOP 12 „Haushalt 2020“ vollumfänglich ab.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, eine schöne Weihnachtszeit und alles Gute im neuen Jahr!!!


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